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Gen-Mai

Nach dem Morgen-Zazen wird die traditionelle Reissuppe Gen-Mai gegessen. Die Gen-Mai wird jeden morgen von jemand anders gekocht und serviert. (Den Namen Gen-Mai sieht man auch öfters in der französischen Schreibweise „Guen-Mai“.)

„Wenn die Gen-Mai echt ist, wird alles echt.
Wenn alle Handlungen des Lebens echt sind, wird auch die Gen-Mai echt.“

Meister Dogen

Der reine Geist

„Wenn ihr die Gemüse und den Reis vorbereitet, tut es mit einem reinen Geist“, sagt Meister Dogen. Dieser reine Geist ist der des Zazen, ein freier, weiter Geist, der durch keine Erscheinung gestört ist, der Geist der richtigen Praxis, nur hier und jetzt konzentriert.

Wenn ihr die Gen-Mai macht, denkt an nichts anderes, als der Sangha zu dienen, ihr zu ermöglichen, den Weg zu praktizieren. Wenn ihr die Guen-Mai esst, tut es in demselben Geist. Betrachtet sie nicht mit gewöhnlichen Augen, bliebt gleichmütig dem gegenüber, was gut ist oder dem, was schlecht ist. So wird die Gen-Mai echt, wie alle Handlungen unseres Lebens.

Gen-Mai-Rezept für kältere Länder

Dies ist das Gen-Mai-Rezept, das in Deutschland weitergegeben wurde. Es stammt aus den Sommerlagern in Val d’Isère. Gegenüber der “südlicheren“ Gen-Mai der Gendronnière enthält diese mehr Reis, weniger Wasser und weniger Gemüse, ist etwas dicker und von sanfterem Geschmack. Man könnte sie als Gen-Mai für kältere Gegenden bezeichnen.

Dass sich dieses ältere Rezept in Deutschland erhalten hat (in Val d’Isère fanden die Sommerlager statt bevor es die Gendronnière gab), liegt sicher auch daran, dass seine Zutaten für uns erhältlich sind, während es „Navets“ und den milden französischen Sellerie – deutscher wäre zu stark – bei uns nicht gibt.

Zutaten

– 400 g Reis
– 200 g Zwiebeln (2 – 3 Stk.)
– knapp 70 g Karotten (eine kleine)
– knapp 70 g Lauch (ca. 10cm)
– knapp 70 g weißen Rettich oder Kohlrabi (ca. ein halber Kohlrabi)
– 4 Liter Wasser

(Dies entspricht folgender Proportion: zehn mal soviel Wasser wie Reis, mengenmäßig genauso viel Gemüse wie Reis, davon die Hälfte Zwiebeln, die andere Hälfte geteilt durch den Rest Gemüse.)

Zubereitung

Der gewaschene und entsprechend feuchte Reis wird in einem Topf mit dickem Boden trocken gedämpft. Gleichzeitig stellt man Wasser zum Kochen auf. Wenn der Reis trocken ist und einzelne Körner zu springen beginnen, wird das kochende Wasser aufgegossen, dadurch gibt der Reis seine Stärke frei. Der Reis soll dann eine knappe Stunde kräftig kochen.

Nun schneidet bzw. hackt man ein Drittel der Zwiebeln sehr fein und dünstet sie in einer Spur Öl ohne starken Eigengeschmack (z. B. Distelöl). Während die Zwiebeln dünsten, hackt man die Karotten und gibt sie dazu. Während Zwiebeln und Karotten dünsten, hackt man das zweite Drittel Zwiebeln.

Man gibt die erste Portion Gemüse zum kochenden Reis und hackt die Kohlrabi bzw. den Rettich, während das zweite Drittel Zwiebeln dünstet.

Man gibt die gehackten Kohlrabi dazu und hackt das dritte Drittel Zwiebeln, während beides fertig dünstet; dann schüttet man es wieder zum Reis.

Man dünstet das dritte Drittel Zwiebeln wieder in einer Spur geschmacksmildem Öl, hackt währenddessen den Lauch, dünstet zusammen weiter. Währenddessen wischt man den Tisch ab, versorgt die Reste, bringt die Küche in Ordnung.

Man gibt Zwiebeln und Lauch zum kochenden Reis, wäscht das Brett ab und stellt den Herd auf eine niedrige Stufe. Sie bleibt die ganze Nacht auf dem Herd, bei einem Gasherd auf kleinster Flamme und möglichst mit einem Flammenzerteiler. In gut ausgerüsteten Sesshin-Küchen hat man manchmal ein Wasserbad zur Verfügung.

Die Methode, die Gemüse portionsweise, sozusagen ineinandergreifend, zu hacken und zu dünsten, ist sehr japanisch und sehr schön, aber manchmal zu kompliziert. Stattdessen kann man auch alle Gemüse zusammen andünsten oder so verfahren, wie im Gendronnière-Rezept angegeben.

Die „endlose“ Gen-Mai

Wenn man täglich Gen-Mai im Dojo zubereitet, kann man eine kleine Menge aufbewahren und der neuen Gen-Mai am anderen Morgen hinzufügen. Auf diese Weise ist es gewissermaßen immer dieselbe Gen-Mai, die endlos weitergeht. Aber Vorsicht! Der Rest vom Vortag sollte erst im letzten Augeblick unter die neue Gen-Mai gerührt werden, damit er sie nicht zum Kippen bringt (Sauerteig-Effekt).

Gen-Mai-Rezept für warme Länder

Zutaten:

– 300 g biologischer Vollreis
– 100 g Karotten
– 100 g Zwiebeln
– 100 g Lauch
– 100 g Navets
– 100 g Sellerie
– 10 Schalen Wasser

Zubereitung

Wascht sorgfältig den Reis. Schüttet ihn in kochendes Wasser und lasst ihn auf großer Flamme kochen bis die Körner aufplatzen (ungefähr eineinhalb Stunden). Währenddessen wascht die Gemüse und schneidet sie in winzige Stückchen (3 bis 4 mm). Schüttet sie in den Topf, wenn der Reis aufgeplatzt ist. (Man kann sie in einem anderen Topf etwas vorgaren ehe man sie hineinschüttet.)

Sobald das Ganze wieder kocht, die Flamme herunterschalten und die ganze Nacht entweder im Wasserbad oder auf kleinster Flamme kochen lassen. Man erhält auf diese Weise eine sehr cremige Suppe. Aber wenn mehr Leute als vorgesehen kommen, könnt ihr Wasser hinzufügen, wie Fuyo Dokai.

Serviert mit Tamari (japanische Sojasauce) und Gomasio (mit Salz leicht geröstetes Sesam).

Bewahrt Gen-Mai in warmem Klima nicht mehrere Tage auf, sie kann kippen. Hier ist es vorzuziehen, jeden Tag eine frische Gen-Mai zu haben.